Die Qualität der Führung entscheidet heute, ob Mitarbeiter sich voll einsetzen und ein Business erfolgreich ist. Wenn die Führungskraft gleichzeitig Mutter ist, dann kommen mehrere Herausforderungen zusammen. Rabea Kleschnitzki erläutert ihre Erfahrungen und gibt praktische Tipps.
Liebe Frau Kleschnitzki, nach mehreren beruflichen Stationen leiten Sie jetzt als verlängerter Arm der Geschäftsleitung ein Tochterunternehmen, die QHP Life Science GmbH. Es handelt sich hierbei um ein Unternehmen für Pharma- und Produktanalytik. Gleichzeitig geben Sie gerne Ihre Erfahrungen als Führungskraft und Mutter weiter. Lassen Sie uns heute daran teilhaben.
Warum ist Führung für Sie ein Geschenk?
In erster Linie ist es ein Geschenk und eine Verpflichtung zugleich, an der ich täglich auch selbst mit wachse. Ein Geschenk, da mir die Möglichkeit gegeben wird, andere Menschen zu inspirieren und dadurch hoffentlich in Ihrer eigenen Entwicklung und ihrem Können weiterzubringen. Eine Verpflichtung auf der anderen Seite, da mir die Mitarbeiter vertrauen, den richtigen Weg zu gehen, mein Bestes in ihrem und im Interesse der Firma zu geben. Und jeder, der in seinem Job etwas mehr Verantwortung trägt, weiß, dass dies täglich neue Herausforderungen mit sich bringt.
Es füllt mich aus, mit anderen Menschen gemeinsam etwas zu bewegen, Mitarbeiter an meinen eigenen Erfahrungen teilhaben zu lassen, ihnen diese mitzugeben und daran wachsen zu sehen. Ich bin jemand, der seinen Mitarbeitern Raum gibt, eigene wirtschaftlich gute Ideen einbringen zu können und einen Weg maßgeblich mit zu gestalten.
Wie kann ein Spagat zwischen Beruf und Muttersein gut gelingen?
Die erste Voraussetzung für einen doch manchmal sehr großen Spagat ist das eigene Vertrauen in sich selbst. Weiterhin die Unterstützung im privaten Bereich durch Partner und Familie und im Beruf natürlich durch Vorgesetzte, die dieses Vertrauen teilen und Unterstützung geben, an den Stellen, an denen es wichtig ist.
Als meine Tochter kleiner war, rückte meine Anwesenheit zu Hause immer mehr in den Vordergrund. Kinder durchleben unterschiedliche Phasen, in denen unterschiedliche Bedürfnisse anstehen. Dementsprechend habe ich mir Gedanken gemacht, ob meine Tätigkeit es zulässt, einige Stunden von zu Hause aus zu arbeiten, obwohl es galt ein Team zu führen.
Da ich recht organisationsstark bin, habe ich mir im Vorfeld überlegt, welche Arbeiten ich wann zu Hause erledigen könnte und zu welchen Zeiten mit welchen Aufgaben meine Anwesenheit im Büro erforderlich wäre. Mit diesem Lösungsvorschlag habe ich ein Gespräch mit meinem Vorgesetzten gesucht und bin auf Entgegenkommen und Verständnis gestoßen.
Natürlich hat mein Mann mich sehr darin unterstützt, wenn ich zu Nachmittags-Meetings noch einmal ins Büro musste, denn eine gewisse Flexibilität als Mutter und Führungskraft ist in einem gewissen Rahmen trotzdem ein Muss. Auch Wochenendarbeit war und ist hier und da kein Fremdwort. Ich habe jedoch sehr große Freude am Führen, so dass mir dies nie schwer fiel.
Zudem habe ich mein Team mehr ins Boot geholt und den Stärken entsprechend einige Aufgaben weiter delegiert. Dadurch habe ich ein viel engeres Kommunikationsnetz zwischen den Mitarbeitern und mir aufgebaut. Dies hatte im Endeffekt den Mehrwert, dass auch die Mitarbeiter an sich und ihren Aufgaben weiter wachsen konnten und als Team mehr zusammengerückt sind.
Im Laufe der Zeit konnte ich aufgrund der stetig wachsenden Selbständigkeit meiner Tochter meine Arbeitszeit wieder vorrangig ins Büro verlagern und hatte Feierabend, sobald ich zu Hause durch die Tür kam. Heute ist meine Tochter 14 Jahre alt, sehr selbständig und dankt mir ganz offen eben für diese Selbständigkeit, die meine Berufstätigkeit automatisch mit sich gebracht hat und betont, dass sie es toll findet, eine Mutter zu haben, die großen Spaß an Ihrem Job hat und trotzdem immer da ist, wenn sie gebraucht wird. Ich habe in meiner jetzigen Tätigkeit wieder das Glück Vorgesetzte zu haben, die mir Spielraum geben und flexibel reagieren, sollte ich einen Engpass haben. Kommunikation ist grundsätzlich in jeder Lebenslage mein Schlüsselwort.
Es ist ein Geben und Nehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das sich die Waage halten muss und auf Dauer dann Vertrauen schafft. Meine Work-Life-Balance als Mutter stimmt dadurch absolut. Und wenn die stimmt, ist die berufstätige Frau in der Lage 100% und gern mal mehr im Job zu leisten.
Was können Unternehmen tun, um berufstätige Mütter besser zu unterstützen?
Unternehmen müssten sich deutlich intensiver mit diesem Thema auseinandersetzen, sich mehr sensibilisieren, flexiblere Arbeitszeit-Modelle schaffen, um dadurch den Müttern die Möglichkeit zu geben, eine Brücke zu schlagen. Dadurch signalisieren sie, dass uns dieser Spagat zugetraut wird, trotzdem wir nicht jeden Tag zu 100% anwesend sein können.
Ich habe selbst meist sehr gute Erfahrungen mit berufstätigen Müttern in Führungspositionen gemacht. Und das sage ich nicht nur, weil ich selbst Mutter bin. Ich finde, es muss für beide Seiten unterm Strich stimmig sein, nur so kann jede Seite davon profitieren. Und das haben bisher fast alle berufstätigen Mütter, mit denen ich zusammengearbeitet habe, auch in Führungspositionen bewiesen. Mit ein bisschen mehr Spielraum, ein Denken über den Tellerrand hinweg, ein wenig mehr Verständnis und Flexibilität und stetig wachsenden Vertrauen auf beiden Seiten ist es durchaus möglich, ein für das Unternehmen wirklich gutes wirtschaftliches Arbeiten mit einem entsprechenden Ergebnis und für die Mutter eine ziemlich gute Work-Life-Balance zu erreichen.
Herzlichen Dank, liebe Frau Kleschnitzki! Für Ihre weiteren Aktivitäten wünschen wir Ihnen viel Erfolg. Wir freuen uns auf weitere Anregungen und Erfahrungen.
Das Interview führte Christoph Hauke.