Baby Boomer meets Gen Y – Ruth Rietschle, Psychologie-Studentin

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Die Führung und Motivation der Generation Y durch die Baby Boomer ist ein viel diskutiertes Thema. Welche Voraussetzungen führen zu einer guten Zusammenarbeit? Wie motiviert man die Gen Y’s und die Baby Boomer? Ruth Rietschle, Master-Studentin Psychologie an der Lund University, Schweden, erläutert Erkenntnisse aus ihrer empirischen Bachelor- Arbeit und berichtet über ihre persönlichen interkulturellen Erfahrungen.

Liebe Frau Rietschle, Sie haben eine lesenswerte Bachelor-Arbeit zum Thema „Baby Boomer meets Generation Y – Eine qualitative Untersuchung über das Führungsverhalten und die Motivierung von Führungskräften älterer gegenüber jüngeren Mitarbeitern“ geschrieben. Derzeit sind Sie für Ihren Psychologie-Master an der Lund University eingeschrieben und haben viele schwedische Gen Y’s kennengelernt. Lassen Sie uns an Ihren Erkenntnissen und Erfahrungen teilhaben.

Welche hauptsächlichen Arbeitsmotive treiben die Gen Y und die Baby Boomer an?

Die Ergebnisse meiner qualitativen Studie zeigen, dass es verschiedene Arbeitsmotive gibt: Die Gen Y hat als Kernmotiv ihre eigene Selbstentfaltung im beruflichen Kontext. D.h., die berufliche Entwicklung und Optimierung steht bei der Gen Y im Vordergrund. Daneben spielt das soziale Bindungsmotiv im organisationalen Kontext auf Mikro- und Makroebene eine einschneidende Rolle für jüngere Mitarbeiter. Die Baby Boomer sehen ebenfalls Selbstentfaltung als Hauptmotiv, allerdings auf der privaten sowie beruflichen Ebene: Dies wird u.a. am Weiterbildungsinteresse von älteren Mitarbeitern wahrgenommen. Des Weiteren ist das Bedürfnis nach Verwirklichung, Anerkennung und Autonomie-Flexibilität des eigenen Aufgabenbereichs stärker ausgeprägt. Hinzu kommt ein starkes Sicherheitsmotiv, das bei den Baby Boomern stärker ausgeprägt ist.

Welche Voraussetzungen ermöglichen eine gute Zusammenarbeit altersgemischter Teams?

Gegenseitige Anerkennung und Akzeptanz sind die zentralen Voraussetzungen in altersgemischtem Teams. Die altersgemischte Zusammenarbeit, gegenseitige Kooperationsbereitschaft und wechselseitige Befruchtung ist gekennzeichnet durch eine persönlichkeitsbedingte Anerkennung der Anders- und Verschiedenartigkeit der weiteren Teammitglieder. Ein wertschätzendes, offenes und vertrauensvolles Arbeitsklima verstärkt die Chancen altersgemischter Teams, innovative, kreative Ideen und Neuerungen gepaart mit einem vorhandenen Erfahrungswissen neu zu erzeugen und zu bündeln – und letztendlich dem gemeinsamen Ziel erfolgreich zu begegnen. Das Verständnis der verschiedenartigen Wertvorstellungen kann zur Reduzierung von stereotypisierendem Denken und Verhalten beitragen.

Gibt es Unterschiede bei den Erwartungen an zukünftige Arbeitgeber zwischen deutschen und schwedischen Studenten?

Meine Erfahrungen an der Lund University zeigten mir, dass schwedische Studenten im höheren Maße einen Arbeitgeber bevorzugen, der flache Hierarchien hat und bei dem die typisch schwedische „Duz-Kultur“ aufrechterhalten bleibt. Ebenso ist es schwedischen Studenten wichtig, unabhängig und eigenständig arbeiten zu können, ohne dass sie kontrolliert werden. Dies zeigt sich schon im universitären Leben: Das System ist wenig verschult, sondern fordert ein hohes Maß an Eigeninitiative und Interesse seitens der Studierenden. Professoren sind direkt und „per du“ einfach anzusprechen, was die Kommunikation ungemein erleichtert. Ebenso liegt ein Unterschied darin, dass die Studenten viel Wert auf eine effektive Work-Life-Balance legen, die sich auch im Arbeitsleben widerspiegelt. Ich denke, dies resultiert aus der typischen „Lagom“-Mentalität der Schweden, bei allen Dingen wird ein gesundes Mittelmaß dem Extrem vorgezogen!

Wir danken Ihnen, liebe Frau Rietschle! Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihre weiteren beruflichen Aktivitäten und freuen uns über neue Erkenntnis aus Ihrer Gen Y-Sicht.

Das Interview führte Christoph Hauke.