Emotionen am Arbeitsplatz

Gefühle im Job gelten oftmals als unprofessionell. Sie sind ein offensichtliches Zeichen von Schwäche. Doch ist das wirklich so? Oder ist es vielleicht eher ein Eingeständnis, dass Führungskräfte im Umgang mit Emotionen überfordert sind?

In Führungstrainings zu Mitarbeiterinnen-Gesprächen erlebe ich diese Hilflosigkeit hautnah. Erst etwas zögerlich, doch dann kommen die drängenden Fragen: Was soll ich tun, wenn Mitarbeiterinnen im Jahres-Gespräch auf einmal anfangen zu weinen? Oder mir von gerade wirklich schwierigen persönlichen Situation erzählen? Wie soll ich als Führungskraft reagieren?

Auch die eigene Situation wird immer wieder lebhaft diskutiert. Typische Fragen: Darf ich als Führungskraft meine Emotionen zeigen? Meine Freude, meinen Stolz, meine Angst, meinen Frust und vielleicht auch meine Wut? Darf ich auch mal weinen? Wie würde das bei meinen Mitarbeiterinnen ankommen? Und wie soll ich generell mit meinen eigenen und den Emotionen von Mitarbeiterinnen umgehen? Verdrängen, ignorieren, missbilligen oder darauf einlassen?

Schon als Trainee wurde mir eindringlich vermittelt, dass es ein alarmierendes Zeichen von Schwäche ist, meine eigenen Emotionen zu zeigen und auf die Emotionen von Mitarbeiterinnen zu reagieren – egal ob positiv oder negativ. Es galt als ein unverzeihlicher Fehler! Wenn man Emotionen zeigt, dann macht man sich angreifbar und man wird zum Spielball der Mitarbeiterinnen, die das sicher ausnutzen werden. Ich war damit durchaus überfordert.

Im Führungsalltag habe ich gemerkt: Eigene Emotionen zu zeigen und auf die Emotionen anderer einzugehen, führt zu Vertrauen, schafft mehr Bindung und wird als besondere Führungsstärke wahrgenommen.

Der Arbeitsplatz ist kein emotionsfreier Raum. Deshalb benötigen Führungskräfte mehr Kompetenz im Umgang mit Emotionen. Die schlechteste aller Lösungen ist, Emotionen einfach auszublenden.